Wir Walkenrieder leben ja seit über hundert Jahren mit der Gipsindustrie. Aber so dicht wie jetzt uns sie uns noch nie auf die Pelle gerückt. Mancher Bewohner, auch fernab des Rösebergs wohnend, mancher irritierte Gast und mancher – danach Abstand nehmende – potenzielle Hauskäufer hat sich ob des Heidenlärms, den der hydraulische Hammer von sich gibt, schon gefragt, was denn da so abgeht am „Grünen Band“. Jetzt, wo der schützende Laubgürtel fehlt, sieht man das Ausmaß der Zerstörungen ja von überall, zum Beispiel vom Geiersberg aus. Die untere Naturschutzbehörde und die Gipsindustrie nennen diesen Vorgang „Landschaft gestalten“, was uns in ein paar Jahren, wenn wir den Krawall überstanden haben, eine „Landschaft aus zweiter Hand“ einbringen wird. Schauen wir mal!
Dies ist er also, der von Generationen ob seiner großen Schönheit gepriesene Röseberg. Oder vielmehr: Er war es. Denn außer der kosmetischen Kante mit Walddekoration oben ist er ja gar nicht mehr da. Hier wird ganze Arbeit geleistet, und die geht ganz tief hinab. Man bemerke übrigens die beachtliche Abraumhöhe, bevor der Gips kommt. Da ist viel umzulagern und steht nachher für die Modellierungsübungen (wie bei Märklin, nur hier im Maßstab 1:1 – für die Märklin-Anlage braucht es allerdings auch Gips…) zur Verfügung. Wie das geht, sieht man derzeit oberhalb des Röseteichs, wo die Landschaftsgestaltung in Form von Abraumanlagerung im Gange ist. Das, was man hier sieht, war, man mag es glauben oder nicht, bis vor kurzem noch die idyllische Ecke des „Kutschweges“. Diejenigen vom Naturschutzausschuss des Landkreises Osterode, die seinerzeit (es ist ja viele Jahre her) ihr „ok“ für diesen Abbau gegeben haben, müsste doch solcher Anblick den Schlaf rauben. Bei den unmittelbaren Anwohnern reicht ja der hydraulische Hammer…
Wohlverstanden: Wir leben seit über hundert Jahren mit der Gipsindustrie. Aber dieser massive Eingriff in die unmittelbare Nachbarschaft des Unterklosters, der musste wirklich nicht sein. Statt des Kutschweges nach Branderode, den wir 1989 endlich wieder durchgehend passieren konnten, nun eine wahre Mondlandschaft, und dies gleich um die Ecke, hinter den Häusern. Das kann man nicht gutheißen, auch wenn man noch so oft an die Arbeitsplätze und die Gewerbesteuern denkt. Und in einigen Jahren wird der Rest des Berges gen Osten in eine ähnliche Landschaft verwandelt werden, genehmigt ist auch dieses schon.
Wie es hier dann wohl in ein paar Jahrzehnten aussehen wird? Vermutlich gibt es Pläne, doch hat man sie den Walkenrieder bisher vorenthalten. In „Natürlich Gips“ könnte man ja mal darüber berichten. Ob es sich hier auch um eine „Herzensangelegenheit“ wie bei der (von hinten inzwischen völlig ausgehöhlten und daher nur mehr als Theaterkulisse dienenden) Pfaffenholz-Schwinde handelt (zitiert aus „Natürlich Gips“)? Wohl kaum…
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